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AG Ingenieurökologie - 2025 | Ein grünes Band zwischen Magdeburg und Ho-Chi-Minh-Stadt

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2025 | Ein grünes Band zwischen Magdeburg und Ho-Chi-Minh-Stadt

2025 |  Ein grünes Band zwischen Magdeburg und Ho-Chi-Minh-Stadt

Die siebenjährige Partnerschaft zwischen der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Industriellen Universität Ho-Chi-Minh-Stadt treibt mit gemeinsamen Forschungsprojekten wie RENO-TITAN, Studierendenaustausch und innovativen Lösungen für Umweltprobleme die grüne Transformation in beiden Ländern voran.

 

Interview von Conrad Dorer (Hochschule Magdeburg-Stendal, AG Ingenieurökologie) mit Prof. Dr. Le Hung Anh am 9.4.2025 in Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam

Ich freue mich wieder an der Industriellen Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt zu sein. Die Partnerschaft zwischen der Hochschule in Magdeburg-Stendal und der Universität hier besteht nun schon fast sieben Jahre. Wissen Sie noch, wie es zu dieser Partnerschaft kam? Ich glaube, dass beruht auf der Bekanntschaft mit Prof. Dr. Petra Schneider ...

Ja, stimmt. Ich stehe schon seit Langem in Kontakt mit Petra Schneider, als sie noch in der Privatwirtschaft für C&E gearbeitet hat. Wir hatten damals ein gemeinsames Projekt in Hanoi, - das ist schon um die 15 Jahre her ist. Danach ist sie an die Hochschule Magdeburg-Stendal gewechselt und hat den Kontakt mitgenommen. Daraus wurde schließlich eine offizielle Partnerschaft.

Was ist bislang in dieser Kooperation erfolgt? Was zeichnet die Partnerschaft aus?

Wir haben wirklich viele Aktivitäten zusammen initiiert. Wir haben sehr erfolgreich zwei Sommerschulen an unserer Industriellen Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt organisiert. Beide wurden vom DAAD finanziert und wir haben dadurch auch ein großes Netzwerk in Vietnam aufgebaut. Wir haben auch einen Studentenaustausch, das heißt mehrere Studenten von der Hochschule in Magdeburg-Stendal haben bei uns ein Praktikum oder die Untersuchungen für ihre Abschlussarbeit hier durchgeführt. Und wir haben auch einige Forschungsprojekte zusammen beantragt und durchgeführt, vor allem über Prof. Dr. Petra Schneider. Zum Beispiel das SAND!-Projekt und RENO-TITAN.

Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie auf die Idee gekommen, die Problematik rund um Titanbergbau, radioaktiver Begleitminerale und die Wiederverwendung von Abfallsanden näher zu untersuchen und mit uns einen Projektantrag einzureichen?

Ja, natürlich. Diese Idee kam über das SAND!-Projekt in Vietnam. Wir haben sehr wenig Ressourcen an Bausand. Andererseits wird aufbereiteter Sand aus der Titanproduktion zu Abfall. Vor allem in der Binh Thuan Provinz, eine sehr populäre Gegend für Touristen. Ich bin immer mal wieder dort und einer meiner ehemaligen Studenten arbeitet dort im Department für Umwelt und Ressourcen. Er hat mir auch davon erzählt und dass die lokale Regierung keine Lösung hat.  Daher habe ich mich mit Prof. Dr. Petra Schneider ausgetauscht und wir haben das Projekt RENO-TITAN beantragt.

Wie ist es mit dem Austausch in die andere Richtung: von Vietnam nach Deutschland?

Ich bin ab und zu auf Besuchsreise in Deutschland. Aber während deutsche Studierende meist eine Unterstützung vom DAAD bekommen, um nach Vietnam für einen Auslandsaufenthalt zu gehen, gibt es für unsere Studierenden kein solches Stipendium. Seit zwei Jahren habe ich immerhin die Möglichkeit gefunden, Sommerjobs für unsere Studenten in Deutschland zu ermöglichen. So können sie etwas das Land erkunden und in der Landwirtschaft aushelfen.

An welchen Themen forschen Sie und Ihrer Mitarbeiter:innen an Ihrem Institut – IESEM?

IESEM steht auf Englisch für unser Institut: „Institute for Environmental Science, Engineering & Management”... Wir haben eine forschungs- und praxisorientierte Ausbildung bei uns. Es gibt bei uns eine Bachelor-, Master- und Doktorandenausbildung. Das heißt, wir müssen immer an Projekte für unsere Studenten denken, damit sie von kleineren bis zu sehr groß Fragestellungen forschen können. Wir haben ein Department für Umweltingenieurwesen und ein Department für Umweltmanagement. Für beide Departments haben wir verschiedene Ausrichtungen. Zum einen praxisorientierte Forschung. Hier entwickeln sogenannte „grüne Lösungen“ für Unternehmen: zum Beispiel für Abwasser, für Abfall, für Recycling oder für die Reduzierung von Treibhausgasen. RENO-TITAN zum Beispiel gehört dazu: Wir müssen saubere Umwelttechnologien und kreislauffähige Lösungen in der Titanindustrie voranbringen. Das ist die eine Ausrichtung.

Andererseits entwickeln wir auch Modelle für Klimaveränderung, Dürre, um Überflutungen vorherzusagen oder das Wasserressourcenmanagement zu optimieren. Auch Forschungen zur Landnutzung sind sehr wichtig, weil in Vietnam noch immer die Landwirtschaft dominiert. Was sind optimale, nachhaltige und langfristige Lösungen? In den letzten Jahren hatten wir beispielsweise einige Projekte zu Biokohle.

Können Sie zu Biokohle etwas mehr erzählen?

Ja, gerne. Wir produzieren Biokohle aus mehreren landwirtschaftlichen Abfällen wie Reisspelzen oder Kaffeeschalen. Das sind häufige Abfälle – ideal um Biokohle zu produzieren und an der Thematik zu forschen.

Wofür kann man Biokohle verwenden? Als Dünger und zur Bodenverbesserung. Besonders für saure und sehr salzhaltige Böden. Zweitens: Auch um Umweltbeeinträchtigungen zu verbessern: zur Absorption von Schwermetallen, Nitrat oder Geruch. Drittens: Mit Biokohle binden wir Kohlenstoff im Boden – das ist passt gut zum Thema „Carbon Credit“.

Allerdings ist im Moment die Herstellung der Biokohle noch nicht ökonomisch, und daher die Produktion noch nicht sehr groß. Auch braucht es für die Produktion viel Energie und es entsteht Kohlenmonoxid bei der Pyrolyse. Hier bedarf es weiterer Prozessoptimierung.  

Welche Rolle spielt interdisziplinäre Zusammenarbeit an Ihrem Institut?

Wir haben immer Partnerschaften mit anderen mit anderen Einrichtungen oder Instituten. Zum Beispiel, haben wir gute Kontakte zu den Mitarbeitenden aus dem Bauwesen, der Biotechnologie und des Instituts für Chemieingenieurwesen. Auch sind wir mit der IT-Gruppe im Austausch, zum Beispiel zu KI-Anwendungen.

Nicht vergessen möchte ich auch, kurz etwas über Ihren Werdegang zu erfahren. Sie waren lange Zeit in Deutschland und stammen, glaube ich, ursprünglich aus Hanoi ...?

Ja, ich wurde in Hanoi geboren und bin nach der Wiedervereinigung des Landes dann in der vietnamesischen Stadt Hue aufgewachsen. Nach der Schule habe ich ein Stipendium vom DAAD bekommen, um in Deutschland zu studieren. Also gleich nach der Wende. Ich habe ein Jahr lang in Köthen die deutsche Sprache gelernt, bin dann an die Humboldt-Universität gewechselt und habe in Biotechologie meinen Abschluss gemacht. Ebenfalls an der Humboldt-Universität, aber im Bereich Landwirtschaft habe ich dann auch promoviert. 2004 bin ich nach Vietnam zurückgekehrt und habe in Hanoi bis 2010 gearbeitet. Dabei war ich an mehreren deutschen Projekten beteiligt wie die Sanierung des Hoan-Kiem-Sees im Zentrum von Hanoi zusammen mit TU Dresden.

Und seit 2011 bin ich hier, an der Industriellen Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt ...

Fast 15 Jahre!

Ja, fast 15 Jahre als Direktor des Instituts für Umweltwissenschaft und -management.

Der Arbeitsplan ist ziemlich voll, weil wir sehr viele Studierende haben. Unsere Universität ist eine der größten Universitäten in Südvietnam mit über 35.000 Studierenden. Wir haben auch Verlesungen am Wochenende für die Master- und PhD-Studierenden. Und an den normalen Arbeitstagen haben wir Verlesungen für die Bachelor-Studierenden.

Das heißt, Sie arbeiten sieben Tage Woche die Woche?

Meistens bin ich hier, aber wir haben einen längeren Urlaub im Sommer oder zum vietnamesischen Neujahrsfest haben wir auch einen Monat lang Urlaub. Und ich bin auch nicht das gesamte Wochenende da, meist nur sonntags zu den Vorlesungen.

Ja, und die Verlesungszeit wird voll genutzt: die erste Vorlesung beginnt 6:30 Uhr morgens und die letzte Vorlesung endet 9:40 Uhr abends. Das heißt, die Studenten haben mehrere Blöcke, für die sie sich registrieren können, um zur Verlesung zu gehen. Aber natürlich, unsere Dozentinnen und Dozenten müssen ein paar Früh- oder auch Spätstunden übernehmen.

Eine letzte Frage noch: Was wünschen Sie sich von der Partnerschaft zwischen Ihrer Universität und unserer Hochschule für die Zukunft?

Ich bin sehr glücklich über die erfolgreiche Zusammenarbeit. Wir haben sehr gute Projekte durchgeführt. Mein Wunsch ist, auch weiterhin gute Ideen für neue Vorhaben in den nächsten Jahren zu entwickeln: vor allem für nachhaltige Produktion und nachhaltige Stadtplanung. Das ist sehr wichtig für uns, weil sich unsere Megacity sehr rasant entwickelt und sich die negativen Seiten bei der Lebensqualität wie Luft- und Wasser zeigen. Oder der mangelnden urbanen Begrünung. Hier sollten wir weiterarbeiten und kreative Lösungen finden!

Ich wünsche sehr, dass diese Partnerschaft noch lange hält und bin auf die finalen Ergebnisse in RENO-TITAN gespannt. Ich drücke auch für die ausstehenden Projektentscheidungen die Daumen und dass der Austausch zunehmend in beiden Dimensionen stattfindet.

Vielen Dank für den Besuch in Vietnam.

Seit 2018 besteht eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Industriellen Universität Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam, und der Hochschule Magdeburg-Stendal.Das RENO-TITAN-Team traf sich im Juni 2023 an der Hochschule Magdeburg-Stendal.2024 besuchten im Rahmen einer Studienreise im Projekt RENO-TITAN 10 vietnamesische Gäste auch die Hochschule in Magdeburg-Stendal.Leben in einer Mega-City. Die Mitarbeitenden des Instituts von Herrn Anh erarbeiten technische und nicht-technische Lösungen, die die Lebensqualität (z.B. Luft, Wasser, ...) wieder verbessern sollBesuch am IESEM, dem Auftakttreffen des CLIENT-II-Projektes SAND! 2019 an der An Giang Universität in Vietnam (mit Prof. Dr. Petra Schneider und Prof. Dr. Le Hung Anh, rechts).
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