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AG Ingenieurökologie - Qing ... jetzt Postdoc im Bereich Meeresforschung

Ehemalige Studierende erzählen

Qing ... jetzt Postdoc im Bereich Meeresforschung

Qing ... jetzt Postdoc im Bereich Meeresforschung

Qing kam aus China, um in Magdeburg den deutschlandweit nur an zwei Hochschulen angebotenen Masterstudiengang Ingenieurökologie zu studieren. Er schrieb seine Masterarbeit am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg und schloss sein Studium 2018 ab. Da sein Herz weiterhin für die aquatische Ökologie schlug, bewarb er sich auf eine Doktorandenstelle in Wageningen, wo er im November 2023 erfolgreich promovierte. Seit Dezember 2023 ist er als Postdoc am Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung auf der Insel Texel tätig.
In Magdeburg war er übrigens 2018 Preisträger des Otto-von-Guericke-Stipendiums, das an besonders engagierte ausländische Studierende verliehen wird.

 

Interview vom November 2023

 

Wie kam es dazu, dass Du in Magdeburg Ingenieurökologie studiert hast?

Ich habe in China meinen Bachelorabschluss in Umweltwissenschaften gemacht. Danach entschied ich mich, ein Masterstudium im Ausland zu absolvieren, in Deutschland. Ich ging zunächst nach Berlin, wo ich eine Sprachschule besuchte, und wechselte dann nach Magdeburg. Mein Bachelorstudium der Umweltwissenschaften war thematisch sehr breit gefächert. Uns wurde Wissen zu allen Umweltmedien wie Luft, Wasser und Boden in der Theorie vermittelt - aber ich konnte nicht in die Tiefe gehen. Deshalb wollte ich einen Masterstudiengang finden, der sich mehr auf eine Art von System/Umweltmedium konzentriert und der dem Anwendungsaspekt der wissenschaftlichen Theorie mehr Aufmerksamkeit schenkt.

Ich wandte mich an die Studienberaterin, Professor Petra Schneider. Sie war sehr entgegenkommend und geduldig und erklärte mir alles über den Studiengang. So brauchte ich nicht lange, um mich zu entscheiden.

Wie viele Studenten gab es damals in der Fachrichtung Ingenieurökologie? Wie lange dauerte Dein Studium in Magdeburg?

Wenn ich mich recht erinnere, waren wir etwa 15 Studierende. Das sind eigentlich nicht sehr viele. Wir hatten ein enges Verhältnis zu den Lehrenden, und als Studierende waren wir nah am Geschehen. Das fand ich gut.

Für das Studium selbst habe ich etwa zwei Jahre gebraucht und war ein Jahr lang studentische Hilfskraft im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg.

Wo und als was arbeitest Du heute?

In wenigen Tagen werde ich meine neue Arbeit als Wissenschaftler am Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung auf der Insel Texel in den Niederlanden antreten. Bis November 2023 habe ich in Wageningen in den Niederlanden promoviert. Wie kam es dazu? Während meines Masterstudiums besuchte ich einen Vortrag eines externen Dozenten vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg. Ich beschloss, meine Masterarbeit in der Arbeitsgruppe dieses Dozenten zu schreiben. In dieser Zeit wuchs mein Interesse an Forschung im Allgemeinen und an dem Gebiet der Gewässerökologie im Speziellen. So beschloss ich zu promovieren. Als ich meine Masterarbeit schrieb, hatten wir einen Postdoc in der Arbeitsgruppe, der vom Niederländischen Institut für Ökologie in Wageningen kam. Dann hatte ich auch noch die Gelegenheit, dieses Institut zu besuchen, und es gefiel mir. Aus diesem Grund begann ich, dieses Institut in Wageningen im Auge zu behalten, und hatte das Glück, dort eine Doktorandenstelle mit einem Thema zu finden, das mich interessierte.

Wie lange hat es bis zum Doktortitel in Wageningen gedauert?

Ich habe dort im Juli 2019 angefangen. Es hat also insgesamt vier Jahre und vier Monate gedauert.

Könntest Du mehr über Deine Doktorarbeit berichten?

Meine Doktorarbeit habe ich im Rahmen eines EU-Projekts, Horizon 2020, geschrieben. Ich habe kein eigenes Projekt an dieses Institut mitgebracht, sondern mich auf ein bestehendes Projekt beworben. Der Titel meines Dissertationsprojekts lautete "Auf dem Weg zu einer klimaresistenten Renaturierung aquatischer Ökosysteme: Erkenntnisse aus kontrollierten Experimenten und Modellierung" ("Towards climate-robust aquatic ecosystem restoration: lessons learned from controlled experiments and modeling"). Es ging um die Renaturierung von Seen mit dem Schwerpunkt, wie Eutrophierung bekämpft werden und wie der Klimawandel unsere derzeitigen Renaturierungsmaßnahmen beeinträchtigen kann. Viele unserer Süßwasserseen, insbesondere in städtischen Gebieten, sind einer übermäßigen Nährstoffverschmutzung ausgesetzt, die zu einer Verschlechterung der Wasserqualität (auch Eutrophierung genannt) führt und ihre Fähigkeit zur nachhaltigen Bereitstellung von Ökosystemleistungen für Mensch und Natur mindert. Es wurden bereits einige Maßnahmenhierzu entwickelt, aber es stellt sich die Frage, wie wirksam diese Maßnahmen in einem sich verändernden Klima mit mehr Beeinträchtigungen durch extreme Klimaereignisse sind. Um diese Frage zu beantworten, wurden in meinem Projekt kontrollierte Experimente und Modellierungsinstrumente als Forschungsmethode eingesetzt. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Klimawandel den Erfolg von Maßnahmen zur Bekämpfung der Eutrophierung schmälert, und dass es bei unseren Renaturierungsmaßnahmen noch Spielraum gibt, um bei gleichem Input ein optimales Ergebnis zu erzielen. 

Was hat Dir während Deiner Doktorarbeit gefallen?

Es war eine ähnliche Erfahrung wie die, die ich am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg gemacht habe. Ich habe viele aufgeschlossene Menschen getroffen. Das Umfeld ist sehr integrativ und Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund sind willkommen. Deshalb habe ich mich am Niederländischen Institut für Ökologie in Wageningen sofort sehr wohl gefühlt. Und was die Arbeit anbelangt: Ich fand es sehr angenehm, dass es ein hohes Maß an Freiheit gab, meine eigenen Forschungsinteressen und unbeantworteten Fragen nachzugehen.

Welche Schwierigkeiten traten während der Promotionszeit auf?

Es war die Zeit der Pandemie, die definitiv für alle eine Herausforderung war. Ich konnte den Unterschied zwischen der Zeit der Pandemie und der Zeit nach der Pandemie erleben und hätte am liebsten die ganze Zeit in der Zeit nach der Pandemie gelebt. Vor allem für internationale Studierende nicht so leicht, in dieser besonderen Zeit sehr weit von der Familie entfernt zu sein.

Was hat Dir das Studium der Ingenieurökologie fürs (Berufs)Leben gebracht? Wovon profitierst Du jetzt?

Das erste, woran ich mich aus meiner Zeit im Masterstudiengang erinnere, ist eine Projektaufgabe, bei der wir mit anderen Kommilitonen in einer kleinen Gruppe zusammenarbeiten sollten. Gemeinsam ging es darum, die Aufgaben zu erfüllen, einen Bericht zu verfassen und die Ergebnisse zu präsentieren. Diese Erfahrung lehrte mich nicht nur wissenschaftliche und praktische Aspekte, sondern auch, wie man in einem Team arbeitet, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Das hat mir sehr bei meiner Forschung während der Promotion geholfen, wo ich auch mit verschiedenen Interessengruppen und Kolleg:innen zusammenarbeite.

Eine zweite Sache, von der ich profitiert habe, waren die vielen Exkursionen, die während unseres Masterstudiums angeboten wurden und die uns die Möglichkeit gaben, Einblicke in verschiedene Sektoren zu gewinnen. Wir besuchten zum Beispiel eine Kläranlage und ein Recyclingunternehmen. All diese Besuche vermittelten mir ein sehr breites Bild davon, was ich in Zukunft tun könnte.

Was sollte in der Lehre der Ingenieurökologie weiter im Blick behalten werden?

Die Stärke dieses Masterstudiengangs liegt in seiner Zielsetzung, ökologisches Denken in die reale, evidenzbasierte oder wissensorientierte Umsetzung verschiedener Ingenieurstätigkeiten zu integrieren. Meiner Meinung nach ist dies sehr wertvoll und ein Aspekt, der im Bereich der ökologischen Renaturierung oft fehlt. Wir haben viele praktische Einblicke gewonnen, z. B. durch die erwähnten Exkursionen und auch durch die Einladung von externen Vortragenden mit einem reichen Erfahrungsschatz aus verschiedenen Bereichen.

Ausgehend von meinen persönlichen Erfahrungen habe ich darüber nachgedacht, was der Masterstudiengang noch umfassen könnte. Ich denke zum Beispiel, dass die Studierenden während des Masterstudiums genügend Wissen über den Klimawandel erwerben sollten und darüber, wie diese Aspekte bei der Umsetzung verschiedener technischer Maßnahmen berücksichtigt werden können. Und dann würde ich auch vorschlagen, die internationale Expertise weiter zu fördern. Auch wenn ich das als ehemaliger ausländischer Student sage, können auch deutsche Studierende sehr davon profitieren. Das kann ihnen helfen, sich aktiver an internationalen Projekten zu beteiligen oder sich stärker mit anderen internationalen Wissenschaftsgemeinschaften zu vernetzen. Das kann dazu beitragen, die Sichtbarkeit und damit die Wirkung von Forschungsergebnissen zu erhöhen. Und internationale Projekte können den Masterstudiengang einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen.

Welchen Tipp würdest Du Studierenden der Ingenieurökologie mit Blick aufs Berufsleben geben?

Als erstes möchte ich die Möglichkeit erwähnen, Praktika zu absolvieren. Ich denke, der Masterstudiengang Ingenieurökologie deckt so viele verschiedene Aspekte und Sektoren ab, dass es sich lohnt, diese Bereiche näher zu erkunden, ob es den eigenen Interessen und Vorlieben entspricht oder nicht. Durch diese Praktika und Exkursionen bekommt man eine Vorstellung davon, wie die Arbeit oder die Forschung aussieht.

Der zweite Punkt, der mir einfällt, ist, das Netzwerk zu nutzen, das die Lehrenden und die Leiterin des Masterstudiengangs mit ganz unterschiedlichen Personen und Instituten aufgebaut haben. Ich habe zum Beispiel meinen Masterarbeitsbetreuer bei seiner Gastvorlesung kennengelernt und zunächst ein Praktikum im Institut des Dozenten gemacht.

Und der dritte Aspekt hat mehr mit meiner eigenen Erfahrung als internationaler Student zu tun. Es gibt eine Reihe von Stipendien, die internationale Studierende unterstützen. Das ist aber auch für deutsche Studierende interessant, z.B. die DAAD-Stipendien, die Masterstudent:innen dabei unterstützen, ein Praktikum im Ausland zu machen. Das sollte man im Auge behalten und sich darauf vorbereiten, damit man weiß, woran man arbeiten muss, um für ein solches Stipendium in Frage zu kommen.

Was wünschst Du Dir (selbst) für die Zukunft (mit ingenieurökologischer Brille)?

Meine unmittelbare Motivation, die mich hierhergeführt hat, ist der enorme Urbanisierungsprozess, der auch in meinem Heimatland China stattfindet und der zu einer erheblichen Belastung unserer Ökosysteme führt. Ich habe beschlossen, mich der Suche nach einer nachhaltigeren Art des Lebens mit unseren Ökosystemen zu widmen. Ich stelle mir vor, dass meine Forschung zu einer nachhaltigeren Gesellschaft beiträgt, die in Harmonie mit der Natur lebt, mit einer attraktiven Umwelt, die nicht nur für Menschen, sondern auch für andere Organismen lebenswert ist. Und wenn wir über die Zukunft sprechen, dann wissen wir, dass sich das Klima verändert und dass wir in Zukunft mit extremeren Klimabedingungen rechnen müssen. Wir sollten mit dem Handeln nicht warten, bis es zu spät ist. Wir sollten unser Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels vertiefen und unsere Managementaktivitäten auf der Grundlage dieses aktualisierten Wissens anpassen. Wir sollten unser Wissen weiter ausbauen und mit verschiedenen Interessengruppen teilen, insbesondere mit politischen Entscheidungsträgern, um eine faktenbasierte Entscheidungsfindung zu gewährleisten. Die Forschung spielt eine wirklich wichtige Rolle, wenn es darum geht, eine Gesellschaft auf dem Weg in eine nachhaltige und vielfältige Zukunft zu unterstützen, nicht nur für unsere, sondern auch für künftige Generationen.

 

Foto: Yike Li. Verteidigung der Doktoarbeit von Qing an der Uni Wageningen am 15.11.2023.Foto: Lisette De Senerpont Domis. Kokreationsworkshop in Lyon, Frankreich (www.dryver.eu/)
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