25.07.2024 | Keine trockene Weiterbildung: Moorrevitalisierung in Sachsen-Anhalt
Biber als Klimaschützer? Eine praxisnahe Weiterbildung an der Hochschule Magdeburg-Stendal zeigte die Potenziale und Herausforderungen einer Moorrevitalisierung auf. Expert:innen erklärten unter anderem am Beispiel des Rathsbruchs in Sachsen-Anhalt, wie natürliche Prozesse und gezielte Maßnahmen zusammenwirken, um diese wertvollen Ökosysteme wiederherzustellen.
Am 25. Juli 2024 kamen zahlreiche Landesbedienstete sowie interessierte Mitarbeitende und Studierende der Hochschule Magdeburg-Stendal zu einer besonderen Weiterbildung zusammen. Im Mittelpunkt stand die Wiedervernässung und Revitalisierung von Mooren, exemplarisch dargestellt am Rathsbruch, einem Naturschutzgebiet bei Zerbst. Dieses soll durch Maßnahmen wie Wasserrückstau und Renaturierungsmaßnahmen eines Flusses in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden.
Als Gastredner war Prof. Dr. Stefan Zerbe von der Freien Universität Bozen anwesend, ein renommierter Experte für Landschafts- und Renaturierungsökologie. Er betonte die Notwendigkeit nachhaltiger Wassermanagementstrategien angesichts des Klimawandels und der intensiven Landnutzung in Südtirol.
Prof. Dr. Volker Lüderitz und Prof. Dr. Petra Schneider von der Hochschule Magdeburg-Stendal erläuterten die ökologischen und ingenieurökologischen Aspekte der Moorrevitalisierung sowie den aktuellen Rahmen. Sie veranschaulichten Möglichkeiten und Herausforderungen anhand von Beispielen in Sachsen-Anhalt, wobei der Rathsbruch bei Zerbst als vielversprechendes Projekt hervorgehoben wurde.
Die Expert:innen unterstrichen die Bedeutung der Moore für den Klimaschutz (Moore speichern weltweit etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder zusammen) und ihre „Schwammwirkung“ als lokaler Wasserspeicher und Hochwasserschutz. Eine erfolgreiche Moorrevitalisierung erfordert zunächst eine gründliche Analyse des Wasserhaushalts, des Bodens (z.B. des Mineralisierungsgrades von Torf), der vorkommenden Arten sowie der Historie und bestehenden Nutzungskonflikte. Die zentrale Frage lautet: Woher soll das Wasser zur Wiedervernässung kommen?
Im Fall des Rathsbruchs gibt es eine einfache Lösung: Biber haben als „preiswerteste Variante“ selbst für Staumöglichkeiten in den ehemals entwässernden Gräben gesorgt. Der steigende Grundwasserspiegel führt bereits zu Veränderungen in der Artenzusammensetzung. Bei Fortsetzung aller geplanten Maßnahmen könnte sich in mehreren Dekaden auf den Freiflächen bereits ein Erlenwald gebildet haben.
Der Ingenieurökologe Tino Fauk demonstrierte mit Sensoren, dass der Boden aktuell CO2 emittiert. In der Anfangsphase der Moorrevitalisierung kommt es tatsächlich zu einer vorübergehenden Erhöhung der Treibhausgasemissionen wie CO2 und Lachgas. Dies ist auf die Umstellung von aeroben auf anaerobe Prozesse und die Freisetzung im Boden gespeicherter Gase zurückzuführen. Langfristig führt die Wiedervernässung jedoch zu einer deutlichen Reduktion der Treibhausgasemissionen. Daher sind ernsthafte Moorrevitalisierungsprojekte, wie sie hoffentlich bald auch in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden, von großer Bedeutung für den Klimaschutz.
Materialien:
Folien zum Vortrag von Prof. Dr. Stefan Zerbe: „Ökosystemrenaturierung im Dienst einer starken Nachhaltigkeit“
Folien zum Vortrag von Prof. Dr. Volker Lüderitz: „Revitalisierung von Mooren und Postmoorlandschaften“
Folien zum Vortrag von Prof. Dr. Petra Schneider: „Planung von Maßnahmen zur Revitalisierung von Mooren: technische Ansätze und Planungslösungen“
Weitere Informationen zu Optionen einer Moorrevitalisierung am Rathsbruch finden sich in dieser aktuellen Publikation.
Weitere relevante Beiträge und Materialien:
Schneider, P.; Harzer, C. Sind Waldökosysteme und Moor im Süppling zu retten? In: Stadler, J.& Schliep, R. (2021). Schriften des Bundesamts für Naturschutz BfN-Skripten 618, pp. 32-34.
Ahl, C., & Gernandt, P. (2023). Moormächtigkeiten eines ackerbaulich genutzten Erdniedermoores 1952 vs. 2021–Das Beispiel des Großen Bruches, Sachsen-Anhalt/Niedersachsen. TELMA-Berichte der Deutschen Gesellschaft für Moor-und Torfkunde, 53, 95-112.
Nationale Moorschutzstrategie (2022, für Deutschland)
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